Die Integration von Menschen im Autismus Spektrum in die Arbeitswelt bietet viele Chancen. Noch werden diese nicht ausreichend genutzt.
Angebote, die diese Menschen bei der Orientierung und Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt unterstützen sind ebenso wichtig, wie ausführliche Informationen für mögliche Arbeitgebende.
„Not Invisible“ – Nicht unsichtbar. So lautete das Motto des diesjährigen Welt-Autismus-Tages. Und obwohl vielfältige Themen rund um das Autismus-Spektrum aktuell durch zahlreiche Informationsangebote insbesondere in den sozialen Medien eine breite Wahrnehmung erfahren, scheinen Menschen, die diesem Spektrum angehören, für den Arbeitsmarkt tatsächlich immer noch eher unsichtbar – invisible – zu sein. Valide Zahlen zur Beschäftigungssituation von Autisten sind schwer zu recherchieren, es gibt kaum Studien dazu. Es sind jedoch Berichte zu finden, die von einer bis zu 85- oder gar 90-prozentigen Arbeitslosigkeit bei Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung (ASS) sprechen.
Viele Arbeitgeber sind über die Fähigkeiten der Menschen mit Autismus noch immer nicht ausreichend informiert. Eine große Chance für den Arbeitsmarkt wird somit nicht genutzt. Denn Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung können wertvoller Teil inklusiver, interdisziplinärer oder auch ausgesprochener Fach-Teams sein. Viele von ihnen arbeiten ausdauernd und beständig, genau und zuverlässig und bringen mit ihren logischen Gedanken und mitunter kreativen Lösungsansätzen so manches Projekt innovativ voran.
Da Personen des Autismus-Spektrums aufgrund ihrer Symptomatik häufig wenige soziale Beziehungen haben, kann Arbeit für sie eine zusätzliche wichtige Funktion für die gesellschaftliche Teilhabe haben.
Wir bieten seit langem ausgewählte Reha-, Berufsorientierungs- oder Berufsvorbereitungsangebote für Personen mit ASS an und haben unser Portfolio in der jüngeren Vergangenheit noch um speziell zugeschnittene Ausbildungs- und Beschäftigungsoptionen für Menschen dieser Zielgruppe ergänzt. Heute halten wir mit der berufsvorbereitenden Maßnahme Animo, der Ausbildung Tempus und dem neuen Arbeitsbereich Opus A, ein Angebot bereit, das Autisten individuelle berufliche Grundlagen oder Möglichkeiten der beruflichen Teilhabe bietet.
Die Maßnahme Animo etwa ist unsere speziell auf die Bedarfe von jungen Erwachsenen mit Autismus-Spektrum-Störung zugeschnittene Berufsvorbereitung. Hier begleiten wir unsere Teilnehmenden von der beruflichen Orientierung über den Bewerbungsprozess und die Stärkung der persönlichen sozialen Kompetenzen bis auf den Weg in eine Ausbildung. Mit der Ausbildung Tempus wiederum bieten wir eine Fachinformatik-Ausbildung, die den besonderen Anforderungen von Menschen mit ASS gerecht wird und ihnen den Zugang zu einem der gefragtesten Fachgebiete auf dem Arbeitsmarkt eröffnen kann. Im Arbeitsbereich unseres anderen Leistungsanbieters Opus A schließlich können Autisten als Alternative zu einer WfbM einer Beschäftigung nachgehen, die ihren individuellen Möglichkeiten entspricht.
Menschen, die dem Autismus-Spektrum angehören, empfinden die Konfrontation mit Neuem oder Unerwartetem schneller als andere als Herausforderung. Klare Strukturen, Vorhersagbarkeit und Vertrautheit sind daher für sie im beruflichen Kontext wichtig. Hierfür gilt es, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch wir achten darauf, etwa spezielle Büros, eine reizarme Umgebung oder wenn nötig auch Ruhezonen für eine möglichst geschützte Arbeitsumgebung zur Verfügung zu stellen.
Unsere Teilnehmenden, Auszubildenden und Beschäftigten mit ASS erhalten Fachberatung und sozialpädagogische Begleitung. Wir gehören dem Bundesverband Autismus Deutschland e.V. an, in dessen Rahmen auch die Leiterin unserer Berufsvorbereitung, Beatrice Tenge, bei Bedarf als Ansprechpartnerin für Fragende von überall in Deutschland zur Verfügung steht. Sie leitet auch unseren Fachdienst Autismus, in dem ein Team rund um unsere zertifizierte Autismus-Fachkraft Theresa Laackmann Menschen mit ASS dabei unterstützen, einen individuellen Plan für ihr zukünftiges Arbeitsleben zu gestalten.
Die Weiterentwicklung einer praxisnahen fachlichen Kompetenz im Hause befindet sich dabei in einem stetigen Prozess. Bereits heute können Menschen mit ASS in unserem Hause von auf sie zugeschnittenen Angeboten profitieren. Eine moderierte, regelmäßige Autismus-Austausch-Gruppe etwa gibt Gelegenheit mit anderen, die in derselben Situation sind, ins Gespräch zu kommen. Ziele der Gruppe sind die Erweiterung der sozialen Kontaktfähigkeit, die Erfahrung zu machen, eine Gruppe zu sein sowie einen Austausch miteinander zu erleben. Auch das Thema „Autismus und Arbeit“ wird hier behandelt. Die Gruppe kommt gut an, ein Highlight war ein Ausflug ins Alte Land, bei dem auch ein Fachvortrag auf dem Programm stand. Vorgetragen natürlich von den Teilnehmenden selbst.
Die zuständigen Kolleg:innen wenden im Rahmen ausgewählter Angebote gezielte Teacch-Methoden an und arbeiten unter anderem anhand von nachvollziehbaren Handlungsplänen mit den Menschen aus dem Autismus-Spektrum. Ein Soziales Kompetenztraining (SOKO) soll unsere Teilnehmenden zusätzlich stärken. Im Rahmen dieses Programms werden Fertigkeiten gestärkt, die Menschen mit ASS normalerweise eher schwerfallen. So wird beispielsweise die Kunst des Small-Talks geübt, die Fähigkeit, die eigenen Gefühle wahrzunehmen und zu benennen trainiert oder auch in Übungen immer wieder versucht, nach und nach die Mimik des Gegenübers stetig besser und sicherer zu „lesen“ und einzuordnen.
Aktuell arbeitet unser Fachteam am Aufbau einer internen Autismus-Beratung, die im Bereich der Berufsvorbereitung angegliedert sein wird und an die sich sowohl unsere Teilnehmenden als auch Mitarbeitende mit Fragen zum Thema ASS wenden können.
Ansprechpartnerin für den Bereich Autismus ist Beatrice Tenge: B.Tenge@impuls-reha.de
Dieser Artikel stammt aus unserem aktuellen Pulsschlag (Sommer 2024).
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